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Interview mit Tanya Lenn von der Eichhörnchen-Hilfe Berlin/Brandenburg e.V. in Teltow.

Wie kommen Eichhörnchen gut durch den Winter?
Dieser Winter ist mal wieder ein ganz besonderer –  manchmal Eiseskälte, öfters jedoch frühlingshafte Temperaturen. Daher müssen wir Menschen uns schnell an sprunghafte Temperaturveränderungen anpassen – körperlich eine ziemliche Herausforderung. Aber wie meistern das eigentlich unsere Eichhörnchen? Das weiß „Eichhörnchen-Mama“  Tanya Lenn von der Eichhörnchen-Hilfe Berlin-Brandenburg e.V. in Teltow.

Wir sehen ziemlich oft Eichhörnchen durch den Garten hüpfen. Was ist denn mit ihrer Winterruhe?

Tanya Lenn:
Schlafen ist jetzt die Haupttätigkeit der Eichhörnchen, aber Winterruhe bedeutet, dass sie jeden Tag aufstehen, egal wie kalt es ist. Sie müssen jeden Tag fressen, auch wenn es eisekalt ist. Die Tiere sind nur weniger aktiv, ihr Stoffwechsel ist heruntergefahren. Eichhörnchen haben sonst einen sehr schnellen Stoffwechsel, sie sind ja Fluchttiere, ihre Natur ist Schnelligkeit. Deshalb müssen sie viel fressen. Daher sind kalte Winter gut für sie, weil sie dann weniger Nahrung brauchen. In warmen Wintern sind Eichhörnchen aktiver und die Nüsse schneller aufgebraucht.

Wie finden Eichhörnchen denn ihre versteckten Nüsse wieder? Können sie sich Verstecke merken?

Tanya Lenn:
Im Herbst verbuddeln Eichhörnchen ja, was das Zeug hält. Bevor sie die Nüsse verstecken, lecken sie die an. Dadurch können sie sie dann riechen und wiederfinden. Eine normale Schneedecke ist kein Problem, aber wenn lange Zeit eine hohe Schneedecke liegt, können sie nichts riechen und haben Nahrungsmangel. Dann verhungern sie. Kälte macht den Eichhörnchen nicht so viel aus, weil sie bei Minusgraden runterfahren, mehr schlafen und weniger fressen und trinken. Und  einige Lieblingsverstecke können sie sich durchaus merken. In meiner Voliere, wo jetzt ca. 30 Eichhörnchen aufgepäppelt werden, kann ich das gut beobachten. Aber natürlich werden viele Nüsse in der Natur nicht wiedergefunden, daraus wachsen dann ja neue Bäume.

Wenn die Eichhörnchen nicht genug Nüsse finden, was fressen sie im Winter?

Tanya Lenn:
Dann geht es auch ans Vogelhäuschen, an Meisenknödel und Baumrinde. Da Eichhörnchen schon im Januar zwei bis fünf Junge bekommen, können sie da nicht wählerisch sein. Die Jungen wiegen bei der Geburt nur ca. acht bis neun Gramm.
Wenn sie zu wenig Fressen finden, verhungern sie, wobei die Eichhörnchen-Mama wirklich alles tut, um die Jungen durchzubringen. 75 Prozent der Kleinen überleben das erste Jahr nicht, das ist eine ziemliche Verschwendung. Eichhörnchen haben natürliche Feinde wie Greifvögel, Krähen und Baummarder. Ihr größter Feind aber ist der Mensch, weil er durch Baumfällungen und kahle Gärten, nicht naturnahe, den Lebensraum für die Tiere zerstört. Er lässt z.B. Regentonnen offen stehen, da fallen die Hörnchen rein und ertrinken. Er streut Gifte im Garten wie Schneckengift und Insektengift, an denen sich auch größere Tiere wie Igel, Vögel und Hörnchen vergiften können. Viele Hörnchen und auch Igel sterben durch Überfahren.

Zanken sich Eichhörnchen jetzt um das wenige Futter?

Tanya Lenn:
Ja, aber das sind harmlose Streitereien, bei denen sie sich auch mal beißen. Heftiger geht es in der Paarungszeit zu und wenn sie ihre Reviere verteidigen. Jetzt im Winter sind die Eichhörnchen gelassener, weil ihr Stoffwechsel so heruntergefahren ist.

Was können wir Menschen denn tun, damit Eichhörnchen gut über den Winter kommen?

Tanya Lenn:
Der Winterkobel, in den sich zwei bis vier Eichhörnchen kuscheln, sieht ja ganz anders aus als der Sommerkobel. Erst neulich hat mir wieder jemand erzählt, dass ein Eichhörnchen für den Winterkobel einen alten, nassen Scheuerlappen von einem Dach ziehen wollte, was aber nicht geklappt hat. Dabei sind solche Lappen gar nicht gut, sie sind feucht und stocken. Besser sind Seile aus Hanffasern, die man kaufen kann. Die, in Stücke geschnitten, eignen sich sehr gut, weil sie keine Feuchtigkeit aufsaugen. Und natürlich kann man Nüsse bereitstellen, die sind am besten. Eichhörnchen tragen auch welche ins Nest, dann müssen sie jetzt einmal weniger aufstehen. Aber sie sammeln dort nicht alles so wild, wie man das von Mäusen kennt. Und ganz wichtig ist auch das Trinken. Für die Vögel stelle ich zum Beispiel ganz früh morgens Wasser raus, die Vögel kommen sofort und trinken, da ist das Wasser noch nicht gefroren. Eichhörnchen haben auch ihre Zeiten. Wenn man im Winter am Vormittag zu festen Zeiten Wasser rausstellt, kommen sie auch regelmäßig, das merken sie sich.

Was ist jetzt Ihre Hauptarbeit bei den Eichhörnchen, die Sie zum Auswildern aufpäppeln? Müssen Sie auch erkältete Eichhörnchen versorgen?

Tanya Lenn:
Ja, auch Hörnchen können sich erkälten, sie können eine Lungenentzündung bekommen und daran sterben. Das passiert aber eher bei feuchter Witterung, die lange anhält.
Ansonsten bekommen die jungen Hörnchen bei mir Aufzuchtsmilch, die größeren und ausgewachsenen, die zu mir gebracht werden, sind häufig verletzt, durch Autounfälle zum Beispiel. Diese bekommen auch Medikamente, werden zunächst ruhig gehalten und dann wieder in den großen Außenvolieren fit zur Auswilderung gemacht.

Wir bedanken uns bei Tanya Lenn herzlich für das interessante Gespräch und ebenso bei Oliver Dombrowski für seine wunderschönen Eichhörnchen-Fotos aus der Eichhörnchen-Hilfe

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