Winterüberraschung
Tiefverschneit liegt der Nussbaumhügel unter einer dicken, weißen Pulverschicht. Klare Sonnenstrahlen bringen die winzigen, eisigen Kristalle zum Glitzern und verzaubern die Gegend in einen unberührten funkelnden Teppich.
Zwischen mit schneeweißer Last beladenen Ästen und Zweigen taucht plötzlich Fuchs Funo auf. Er springt in die lockere weiße Pracht, versinkt darin und springt zur nächsten Stelle, immer und immer weiter. Dann bleibt er stehen, wirft sich auf seinen Rücken und wälzt sich ausgelassen hin und her.
„He Funo! Du machst ja unseren schönen Schneeteppich kaputt!“, ruft Frischling Mopsi ihm laut zu.
„Schneebaden! Solltest du auch mal probieren!“, entgegnet Funo und wälzt sich noch genüsslicher im Schnee.
Mopsi schnauft.
„Na gut! Jetzt sind im Schneeteppich ja sowieso ganz viele Löcher.“
Mopsi wirft sich ebenfalls rücklings auf die Erde, die Pfoten steil nach oben und tut dasselbe wie Funo.
„Ist ja fast so schön wie Schlammbaden, eigentlich noch schöner …“, grunzt er.
Die beiden schieben sich mit ihren Rücken immer weiter durch den tiefen Schnee.
„Mir ist etwas eingefallen, Funo!“, ruft Mopsi plötzlich. „Wir haben doch einen schönen großen Weg in den Schnee gerutscht. Wenn wir noch ein bisschen weitermachen, kann Hase Hubo ganz bequem zu seinem Knabberstrauch hüpfen, dem mit der leckeren Rinde. Dann versinkt er nicht im Schnee. Das ist doch eine schöne Winterüberraschung für ihn.“
„Eine, die mir auch ziemlich viel Freude macht!“, ruft Funo zufrieden und schiebt sich wie Mopsi rücklings weiter vorwärts.
„Jetzt kann ich nicht mehr!“, schnauft Mopsi schließlich erschöpft vor dem Hasenbau. „Aber wir haben es zum Glück geschafft!“
„Ich hätte noch ewig weitermachen können“, erwidert Funo.
Die beiden springen auf ihre Pfoten und schütteln sich den Schnee von ihren Körpern. Dann holt Mopsi tief Luft und ruft:
„Hallo Hubo! Winterüberraschung! Von Funo und mir!“
„Keiner zuhause, sieht man doch!“, schnauft Funo enttäuscht. „Da macht man so was Schönes und dann das!“
„Pst! Da vorn, ich hör was!“, lauscht Mopsi.
„Das kommt direkt von meiner Hängematte! Was ist denn da los?“, ruft Funo und stürzt davon. Mopsi hechelt hinter ihm her.
„Halt! Pfoten weg von meiner Hängematte! Wieso ist sie nicht mehr festgefroren? Was machst du da?“, ruft Funo wenig später und sieht, wie Hase Hubo den quirligen Tierchen der Mäusebande Wirbelwind kräftig Schwung gibt. Wild durcheinander springend, schaukeln die Mäuse in der Hängematte und piepsen im Chor:
„Euronia pickte Eis von ihr,
Hubo fegte Schnee, wie wir,
von Funos toller Hängematte,
die viel zu lange Pause hatte.
Die Schaukelprobe ist gelungen,
wir sind als Erste reingesprungen
und wollen auch nicht wieder raus,
wir bleiben drin und aus die Maus!“
„Das ist ja eine tolle Winterüberraschung!“, ruft Funo den Mäusen empört zu.
„Hihi!“, grunzt Mopsi fröhlich. „Ist doch schön, dass die Mäusebande, Hubo und Euronia deine Hängematte aufgeweckt haben.“
„Erst mal sehen, ob sie wirklich richtig schaukelt, so wie immer. Also Mäusebande, Dankeschön und Wiedersehen!“
Funo nimmt Anlauf und springt mit voller Wucht in die sich heftig bewegende Hängematte. Piepsend und kreischend hüpfen die Mäuse nach allen Seiten heraus. Dann klammern sie sich an die beiden Baumstämme, zwischen denen die Hängematte festgeknüpft ist.
„Na los, Mopsi und Hubo! Rein mit euch, dann haben wir noch mehr Schwung!“, ruft Funo.
Doch kaum sind die beiden in der Hängematte gelandet, stürzt diese plötzlich mit einem gewaltigen Ruck auf den Schneeboden.
„Autsch! Das war hart!“, ruft Mopsi und fasst an sein Hinterteil
„Fast hätte ich mir meinen Schwanz ausgerissen!“, schimpft Funo.
Nur Hubo lacht und zeigt auf die herumwirbelnde Mäusebande, die laut piepst:
„Schaukeln, fallen und noch mehr,
kann die Hängematte, seht nur her!
Zum Schlittern ist sie richtig gut,
die Fahrt beginnt, jetzt braucht ihr Mut!“
Die Mäuse drücken, stemmen und schieben die Hängematte mit ihren Pfötchen nach vorn. Langsam bewegt sie sich und wird schneller und schneller.
„Wir schlittern den Nussbaumhügel herunter!“, kreischt Mopsi laut.
„Ihr habt meine Hängematte vom Baum losgemacht!“, schreit Funo den Mäusen zu, die der rasant auf dem Schnee rutschenden Hängematte hinterher sausen und dann aufspringen.
„Macht doch Spaß!“, freut sich Hubo, dem die langen Ohren wild um den Kopf herumfliegen. „Kurz nach meiner Hasenkuhle schlittert sie nicht weiter, da ist ganz tiefer Schnee“, beruhigt er die anderen.
„Jetzt nicht mehr!“, schreit Mopsi noch lauter und schließt die Augen. „Wir haben dir eine Winterüberraschung gemacht und für dich den tiefen Schnee weggerutscht. Bis zum Knabberstrauch.“
„Dann werden wir ja immer schneller!“, ruft nun auch Hubo ziemlich laut.
„Hiiiilfeeeee!“, kreischen Funo, Hubo und Mopsi, während die Mäusebande weiter kichernd piepst:
„Volle Fahrt, das ist so schön,
ihr könnt die Welt im Fluge sehn.
Wir haben ganz viel Spaß dabei,
alles weg und Bahne frei!“
„Ist denn keiner da, der uns helfen kann?“, ruft Mopsi laut durch die Gegend. „Sind wir ganz allein auf dieser Welt?“
„Hallooo! Hier bin ich! Was soll ich tun?“
Eule Euronia flattert der rasend schnellen Hängematte hinterher.
„Mach, dass wir halten können!“, ruft Funo. „Lass dir was einfallen, irgendwas! Eulen sind doch so schlau.“
„Wartet, ich weiß schon was!“, versucht Euronia.
„WARTET! Ja, wie denn?“, ist Funo außer sich.
Euronia ist inzwischen allen voraus geflogen. Ruhig setzt sie sich auf einen gewaltigen, schneebedeckten Baum. Dann hüpft sie von einem Ast zum anderen, so dass die schweren Schneemassen nach unten plumpsen und sich zu einem breiten Wall auftürmen. Gerade noch rechtzeitig, denn in diesem Augenblick saust mit lautem Kreischen auch schon die Hängematte heran und schießt direkt auf den Schneehaufen zu.
Plötzlich ist es merkwürdig still, mucksmäuschenstill. Dann bewegt sich der Haufen. Nach und nach krabbeln ein schneeweißer Funo, Hubo, Mopsi und die Mäuse hervor.
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