Schneegeschichten
„Ein schöner Wintertag!“, freut sich Fuchs Funo und stapft durch den frischen Schnee. „Wie die Sonne scheint! Und wie mein prächtiges Winterfell glänzt!“
Doch plötzlich spitzt er die Ohren. Je mehr er sich der alten knorrigen Eiche nähert, umso deutlicher kann er es hören. Da murmelt jemand etwas! Halblaut, halbleise, irgendwie klingt es seltsam und unbekannt. Funo duckt sich und schleicht leise vorwärts.
„Ach, du bist es, Mopsi!“, ruft Funo überrascht, als er Mopsis Nase entdeckt, die hinter der alten knorrigen Eiche hervorlugt.
„Pst! Funo! Nicht so laut!“, erwidert Frischling Mopsi. „Ich erzähle unseren Eichhörnchen Elle und Iffel, was wir hier so erleben auf unserem Nussbaumhügel. Sie ruhen sich doch aus in ihrem Winternest und verpassen ganz viel Schönes. Ich will sie nicht wecken, aber sie sollen es trotzdem hören. Wie in einem Traum. “
„Winterruhe ist Winterruhe! Da kannst du erzählen, so viel du willst, sie hören es nicht“, sagt Funo. „Und wenn du noch so spannend erzählst!“
„Ich kann spannend erzählen? Meinst du das ganz ehrlich?“, fragt Mopsi.
„Naja … Was du erzählt hast, konnte ich nicht hören“, meint Funo. „Nur deine Stimme, dein Grunzen und Schnauben, das war anders als sonst. Was hast du eigentlich erzählt?“
„Schneegeschichten vom Nussbaumhügel.“
„Auch von mir? Hast du ihnen auch von mir erzählt?“, fragt Funo.
„Von dir, von Hubo, von Euronia, von der Mäusebande Wirbelwind … Von uns allen.“
„Und was genau hast du Elle und Iffel von mir erzählt?“, drängt Funo.
„Ist doch Mäuse-pieps-egal!“, sagt Mopsi. „Sie haben es ja sowieso nicht gehört, wegen der Winterruhe. Hast du selbst gesagt!“
Funo nickt.
„Was ich sage, das stimmt auch! Aber es ist doch wirklich schade: Du erzählst spannend Schneegeschichten und keiner hört sie. Na, vielleicht hat ja die Mäusebande Wirbelwind gelauscht. Sie ist doch überall und nirgends.“
„Das glaub ich nicht!“, überlegt Mopsi, „ist doch viel zu kalt für die Kleinen, um draußen herumzuspringen.“
„Na, das werden wir ja gleich sehen!“, sagt Funo, dreht sich in alle Richtungen und ruft laut:
„Oh, was gibt es Tolles hier,
das gefällt doch jedem Tier.
Ganz egal, ob groß, ob klein,
Das hier, das ist richtig fein!“
„Was gibt es denn Tolles hier, Funo?“, fragt Mopsi mit großen Augen.
„Na, mich mit meinem prächtigen Winterpelz, Elle und Iffel, die sich ausruhen, dich und deine geheimnisvollen Schneegeschichten …“
„Und die Strahlesonne und den Glitzerschnee!“, freut sich Mopsi.
Plötzlich sausen dutzende Mäuse aus allen Himmelsrichtungen heran, wuseln um Funo herum und piepsen:
„Wir sind hier und nirgendwo,
und überall ja sowieso.
Unsre Spur erzählt euch was,
wer ihr folgt, der findet was!“
„Hallo, was für ein Gewusel hier!“, ruft Hase Hubo. „Ich bin gerade an deinem Fuchsbau vorbeigelaufen, Funo, und da hab ich gesehen ...“
„Oh! Jetzt hast du die Mäuse erschreckt! Weg sind sie! Vielleicht wollten sie uns noch mehr erzählen“, sagt Mopsi und sieht den fliehenden Mäuschen hinterher.
„Sie sprechen doch immer nur in Rätseln, nie weiß man, was sie wirklich wollen“, ärgert sich Funo.
Doch kaum hat Funo zu Ende gesprochen, da sausen die Mäuse schon wieder heran, umkreisen ihn, Mopsi und Hubo und piepsen:
„Unsre Spur erzählt euch was,
wer ihr folgt, der findet was!
Keiner sollte länger warten
und mit der Schneespur-Suche starten!“
Quirlig piepsend verschwinden die Mäuse ebenso schnell, wie sie gekommen waren.
„Hier, hier ist die Mäuse-Schneespur!“, ruft Mopsi aufgeregt und folgt ihr.
„Das ist ein Trick!“, bemerkt Funo. „Ich sehe doch, dass die Spur im Kreis herumgeht. Und da gibt es nichts weiter als Schnee mit Mäusefüßchen.“
„Kommt doch endlich, Funo und Hubo!“, ruft Mopsi. „Wir müssen hier am Busch vorbei und dann ein bisschen um die Ecke.“
„Da geht es ja zu meinem Fuchsbau! Was hat die Mäusebande denn dort zu suchen!“, empört sich Funo und saust los.
„Sie werden aber staunen!“, murmelt Hubo und macht sich ebenfalls auf den Weg.
Fast gleichzeitig erreichen Mopsi, Funo und Hubo den Fuchsbau.
„Hier ist die Mäusespur zu Ende!“, stellt Mopsi fest. „Ich sehe nichts Besonderes.“
„Ich schon!“, freut sich plötzlich Funo. „Hier an der Seite riecht es … Hmmm! Lecker!“ Funo springt um die Ecke, schnappt zu und springt wieder zu den beiden zurück. Vorsichtig legt er etwas in den Schnee, schnüffelt ein paar Mal genüsslich darüber und seufzt:
„Was für ein leckeres Stück Käse! Ich hatte schon fast vergessen, dass es so etwas gibt.“
„Ist da nicht auch was an der anderen Ecke?“, fragt Hubo und sieht zu Mopsi.
Mopsi springt ebenfalls los, schreit kurz darauf laut auf und kommt mit einem großen Apfel zurück.
„Schaut doch mal, was ich gefunden habe!“
„Und das hier, das hab ich vorhin hier entdeckt“, meint Hubo und holt unter dem Schnee eine dicke Mohrrübe hervor.
„Aber wie kommt das alles hierher?“, wundert sich Mopsi.
„Ist doch ganz einfach!“, erklärt Funo. „Die verfressenen Mäuse haben ganz viel für ihren Wintervorrat besorgt. Und weil sie überall und nirgends sind, finden sie auch überall und nirgends ganz viel. Mehr, als sie selber brauchen. Da wollten sie mal nett sein …“
„Aber hier, guckt doch mal!“, meint Mopsi. „Sind da nicht noch andere Spuren? Die hab ich hier noch nie gesehen! Oder doch?“
„Ach, ist egal!“, meint Funo. „Ich hab Hunger und was Leckeres vor mir! Also dann, besten Appetit, meine Freunde! Lassen wir es uns gut schmecken!“
„Danke, Funo!“, erwidert Hubo und grinst ein bisschen.
„Danke, Funo!“, sagt auch Mopsi. „So ein schöner Tag heute! Und ich hab auch gleich wieder eine tolle neue Schneegeschichte für Elle und Iffel!“
Und während alle genüsslich futtern, bemerkt keiner die Weiße Eule Euronia über ihnen.
„Meine Tannenzapfen-Samen waren auch köstlich!“, denkt sie, fliegt davon und wundert sich kein bisschen. Schließlich sehen und hören Eulen immer etwas mehr als alle anderen. |
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