© 2007 Desch & Fubel

Minigeschichten:
Funo
Hubo
Mopsi
Iffel
Euronia
Elle
Wirbelwind

"Der Alptraum"

"Die 15 fehlt"

"Beerenhunger"

 "Nussplätzchen" "Fladdermäuse"

 

Federn lassen

Fuchs Funo lief gemächlich über den Nussbaumhügel, als plötzlich ein sperriger Ast mit dürren Zweigen direkt neben ihm auf den Boden krachte.
„He, du zielst mit deinem Ast wohl direkt auf mich!“, rief Funo Eule Euronia zu, die hoch oben in der alten knorrigen Eiche saß.
Mit einem Sturzflug rauschte Euronia nach unten und landete direkt vor Funos Nase.
„Oh, entschuldige! Dass jemand gerade jetzt hier vorüber laufen könnte, daran habe ich nicht gedacht“, rief sie. „Ich wollte dort oben nur ein bisschen Ordnung schaffen, damit ich mich nicht auf einen toten Ast setze und den Halt verliere. Hast du dir wehgetan?“
„Zum Glück nicht, bin ja kein Jammerlappen!“, erwiderte Funo.
„Du hast meine Entschuldigung also angenommen?“, wollte Euronia wissen.
„Hab ich! Und dafür könntest du mir jetzt mal helfen.“
„Was kann ich tun?“, fragte Euronia.
„Schenkst du mir zwei von deinen Federn?“, bat Funo.
„Du willst Federn von mir?“, wunderte sich Euronia. „Wofür brauchst du sie denn?“
„Erst die Federn, dann sag ich’s!“
Euronia zog mit ihrem spitzen Schnabel zwei weiße Federn aus dem Gefieder.
„Hier! Meine prächtigsten! Und jetzt sag! Was willst du damit?“
Funo ging noch einen Schritt auf Euronia zu und erklärte:
„Hase Hubo meinte, wir sollten nicht alle Nüsse auffuttern, die wir finden – unter Laub, eingebuddelt oder wie hier, sieh mal, direkt neben deinem Ast mit den dürren Zweigen! Damit unsere Eichhörnchen Elle und Iffel, wenn sie hungrig aus der Winterruhe aufwachen, ihre versteckten Nüsse wiederfinden. Und dann meinte Hubo, dass dafür jeder von uns Federn lassen müsste. Nun kann ich ihm die beiden von dir geben und dafür die Nuss fressen.“
Funo machte sich rasch über die dicke Nuss neben dem sperrigen Ast her und schmatzte genüsslich.
Euronia lachte.
„Das heißt doch nur so, das mit dem Federnlassen. Es bedeutet, dass man auf etwas verzichtet oder etwas hergeben muss. Und ihr verzichtet für Elle und Iffel auf gefundene Nüsse.“
„Ach, wie schade, dass ich das nicht vorher wusste!“, meinte Funo kauend. „Aber nun hab ich die Nuss schon zwischen meinen Zähnen. Zu spät!“
„Dafür weißt du es jetzt fürs nächste Mal!“, bemerkte Euronia.
Funo nickte und schaute auf die beiden prächtigen weißen Federn.
„Sie sind wirklich sehr schön, Danke! Aber nun brauche ich sie nicht mehr. Man soll sich ja nicht mit fremden Federn schmücken!“
„Aber das heißt doch nicht, dass du nicht schmücken darfst“, erklärte Euronia.
„Sondern …?“, fragte Funo.
„Na, dass man nicht etwas Tolles, das jemand anderes getan hat, als sein Eigenes ausgibt.“
„Verstehe!“, erwiderte Funo. „Du kannst sie trotzdem behalten! Und jetzt schaue ich nach Hubo! Mal sehen, ob er heute schon aus den Federn gekommen ist …“
In diesem Augenblick zog ein Windhauch über den Nussbaumhügel, ließ die beiden Federn kurz über dem Waldboden tänzeln und blies sie dann davon.
Und wer weiß – wenn jemand irgendwo zwei prächtige weiße Federn entdeckt – es könnten die von Eule Euronia sein.

 

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